Eine Frage, die viele Schülerinnen oder Schüler unserem Gast stellen wollten.

Olga Karatch ist eine Bürgerrechtlerin aus Belarus und lebt seit 1,5 Jahren im Exil in Litauen.  In der vergangenen Woche besuchte sie Sachsen, und am 24.9.  erzählte sie im Lößnitzgymnasium von der momentanen Situation in Belarus und beantwortete Schülerfragen.

 

Haben Sie Angst, Frau Karatch? Ja, sagt sie, manchmal schon. Die Drohungen sind real. Der belarusische KGB ist überall. Olga Karatch wurde vor kurzem von Lukaschenko zur Terroristin erklärt. Warum? Weil sie, zum Beispiel, ihn nicht als Präsidenten anerkennt. Doch viel wichtiger: Sie leitet die Organisation “Наш дом” (Unser Haus), die Inhaftierte und/oder deren Angehörige in Belarus unterstützt z.B. mit juristischem Beistand, psychologischer Hilfe und auch Lebensmitteln. Nun gilt ein großer Teil der Unterstützung den unzähligen belarusischen Geflüchteten in Litauen.

Sie erzählt vom Schulalltag in Belarus, der geprägt ist von Kontrolle, Strafmaßnahmen, Lehrpersonal, das Familien kontrollieren und Berichte schreiben soll, Druck und Zwang. Unsere Schülerinnen und Schüler sind zurecht entsetzt über Berichte von Bedrohung und Kindesentzug bei Nicht-Anpassung, von minderjährigen Marihujana-Rauchern, die bis zu 12 Jahre Arbeitslager als Strafe erhalten, wo sie für ein paar Cent arbeiten müssen. Moderne Sklaverei, sagt sie. Sie erzählt von einem Diktator, der sich öffentlich mit Gott vergleicht und Hitler lobt.

Wie stellen Sie sich ihr Land in der Zukunft vor, Frau Karatch?

Es wird ein freies Land sein, mit selbstbestimmten und gleichberechtigten Menschen, ein Teil des Hauses Europa. Wir werden eine schmerzhafte Aufarbeitungszeit haben müssen, dabei brauchen wir Hilfe, auch aus Deutschland.

Es wird still in der Aula, als sich diese charismatische Frau am Ende verabschiedet: Es war toll, bei euch gewesen zu sein. Eure Freiheiten sind kostbar. Hört nie auf, eure Demokratie zu verteidigen und an und mit ihr zu arbeiten. Жыве Беларусь!*

M. Schubert

 

Es hat mich sehr begeistert, wie Frau Karatch, offen über die Geschehnisse in Belarus erzählt hat. Ich hätte nie gedacht das es momentan so schlimm und grausam ist. Einige Fakten brachten mich einfach nur zum Kopfschütteln. Auch auf meine Frage, ist Frau Karatch sehr ausführlich und intensiv drauf eingegangen, was mich natürlich sehr gefreut hat. Auch wie sie uns Schüler immer wieder mit einbezogen hat, war fantastisch. Nach diesem Gespräch sehe ich die Dinge, vor allem in Belarus, ganz anders und auch die Abschiedssätze, sowie der sehr höfliche Abschiedsgruß ihrerseits werde ich nicht so schnell vergessen. Eine wirklich sehr interessante Erfahrung. (Jonas, 10/1)

Das Gespräch war wahnsinnig spannend. Frau Karatch erzählte nicht nachrichtenmäßig von den politischen Ereignissen in Belarus. Nein, sie visualisierte uns das Leben der Leute und besonders der Jugendlichen in ihrer Heimat ganz direkt und persönlich. So schaffte sie bei mir ein viel besseres Verständnis für die Lage der Menschen und der Gesellschaft dort und zeigte: Das Eintreten für demokratische Werte und politische Aufklärung ist total wichtig für eine gute Gesellschaft. (Leonhard, 10/1)

 

* belarusisch: Es lebe Belarus! ursprünglich: Losung aus dem 19.Jahrhundert; inzwischen eine Losung aller Menschen, die für ein freies, demokratisches Belarus eintreten.